Geplatztes Date um Mitternacht

Maurice Etoile Argentinien 5 Comments

Kurze Story zum Nachdenken. Über Dates schreibe ich normalerweise nicht, es sei denn, es gibt einen besonderen Anlass. Also gestern schreibt mich ein Mädel bei Instagram an und addet mich bei Facebook. Sie wollte sich treffen. Ich war zu müde. Heute schreibt sie wieder. Ist keen und schlägt vor: Malbec bei ihr zuhause. Klar, ich liebe diese Traube. Sie gibt mir, wie in Argentinien üblich, als Treffpunkt zwei Straßen an. Man trifft sich dann an der Kreuzung. Als ich das Hostel verlasse ist es schon nach 12. Das trifft sich ganz gut, denn morgen sind wir den ganzen Tag mit dem Bus unterwegs und ich verbringe solche Fahrten am liebsten schlafend. Also schön wenig schlafen, die Nacht davor. Auf dem Weg zur Kreuzung denke ich über die Situation nach. Ist schon ein bisschen spät. Was hat sie vor? Wird sie mich direkt anfallen. Und was bedeutet anfallen? Wird sie mich vor Leidenschaft bespringen oder abstechen wollen? Oder will sie wirklich nur ein fucking Glas Rotwein nachts um 12 trinken? Das wird interessant.

Ich nähere mich der Kreuzung. Wäre sie da, hätte ich sie schon von 200 Metern Entfernung gesehen. Komisch. Hm vielleicht Verarsche? Ich komme an der Kreuzung an. Bisher bin ich keiner Menschenseele begegnet. Kein Mädel weit und breit. Ich bin auf der Kreuzung. Sie scheint nicht da zu sein. Jetzt muss ich kurz versuchen, die Location zu erklären. Ushuaia befindet sich an einem Hang, sprich die Straßen befinden sich auf verschiedenen Ebenen und oder gehen bergauf und bergab. An dieser speziellen Kreuzung kann man ein paar Treppen zur nächsten Parallelstraße unterhalb nehmen. Nach der ersten Treppe steht man am Eingang eines Hauses und ist ein halbes Stockwerk unterhalb der Kreuzung. Das Licht der Laternen erreicht diesen Teil nicht, man wird also nicht direkt gesehen, sieht aber direkt auf die Kreuzung. So und da stehen jetzt natürlich vier komische Gestalten. Ich schreibe jetzt einfach mal komische Gestalten, vielleicht sind es ja tatsächlich total unkomische, liebe Dudes.

Zurück: ich laufe über die Kreuzung. Habe noch nicht angehalten. Sehe diese Dudes. Sie schauen mich an. Tuscheln. Ich verliere das Interesse anzuhalten. Mein Bauchgefühl spielt verrückt. Fuck! Was ist, wenn das ein Setup ist? Na klar, welche Tussie würde sich denn bitte mit nem fremden Typen nachts um verficktnochmal 12 auf der Straße treffen? Fuck. Fuck. Fuck. Okay. Weitergehen. Nichts anmerken lassen. Ich gehe weiter. Lasse mir nichts anmerken. Die Typen glotzen. Ich bin über der Kreuzung. Ich höre, dass sich was hinter mir tut. Umdrehen oder nicht? Umdrehen. Nichts zu sehen. Okay. Ganz ruhig. Vielleicht bilde ich mir das nur ein. Schnell mal ihr Profil anschauen. Bilder da check. Was ist mit ihren Freunden? Bilder sind schnell hochgeladen, aber Kontakte muss man knüpfen. Freundesliste: „No friends can be shown“. Keine Freunde?! Holy shit! Definitiv fake. Fuck! Ich bin geliefert! Wie konnte das so schnell so komisch werden? Eben dachte ich mich noch auf einer Couch, Glas Wein in der Hand, irgendwas säuseln und jetzt? Bin ich Flucht oder Kampf Modus? Vier Typen. Definitiv Flucht! Die nächsten hundert Meter bis zur nächsten Straße dauern ewig. Ich biege links ein, gehe die Straße durch, dann wieder links um parallel zum ursrpünglichen Weg wieder zurückzugehen. Ich habe ihr geschrieben, dass ich ne schwarze Jacke habe. Also drehe ich meine um. Ist so ne fancy Thermojacke von Columbia, die Innen silber ist. Kappe ziehe ich auch aus. Perfekte Verkleidung. Ich komme wieder an der Treppe vorbei, nur dieses Mal von unten. Da sind jetzt ziemlich viele Dudes. Fuck you! Ihr bekommt mich nicht. Ich gehe weiter. Schnellen Schrittes. Mittlerweile schreibt sie wieder. „Where are you?“. Ich schicke sie in ein nahegelegenes Pub und gehe zum Hostel.

Ich muss die Story im Aufenthaltsraum kurz loswerden. Der ältere Engländer fand die Idee alleine schon hinzugehen hirnrissig. Der langbärtige Ammie, der mit seinem Bike komplett bis hier runtergefahren ist, bietet mir sein Bären-Pfefferspray an. Dann meint er, wir könnten sie einfach hier in die Nähe bestellen und beobachten. Wenn Typen aufkreuzen schnappen wir sie uns. Sie schreibt wieder. Hat mich im Pub nicht gefunden. Mittlerweile etwas aufdringlicher. Sie will ins Hostel kommen. Strange. Verdammt strange. Ich wünsche ihr eine gute Nacht. Hasta luego.

Mit etwas Abstand betrachtet, ist es möglich, dass ich mir das vielleicht komplett eingebildet habe und dass die Typen rein zufällig dort gestanden haben. Dass tatsächlich dieses Mädel einfach Bock (auf nen Wein) hatte. Ich weiß es nicht. Nachts in einer leeren Stadt zwielichtigen Typen zu begegnen kann die Warnehmung schon sehr einfärben. Vor allem mit dem Wissen von anderen Reisenden, die schon abgezogen wurden. Manchmal musst du einfach auf dein Bauchgefühl hören. Lieber einmal zu viel als zu wenig. Das nächste Mal werde ich einfach keine Wertsachen mitnehmen. Vielleicht hätten wir sie zum Hostel kommen lassen sollen. Keine Ahnung. Was hättest du getan?

Comments 5

  1. Heike

    Herje! Gut, dass du auf deinen Bauch gehört hast. Unser Unterbewusstsein verfügt über mehr Informationen als der Kopf. Also: alles richtig gemacht und eine wichtige Erfahrung.

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  2. Lou

    Gruselig! Ich hätte genauso reagiert! Wenn man kein ängstlicher Typ ist, aber das Bauchgefühl zuschlägt, dann lieber auf Nummer Sicher gehen … Ist ja nicht so, als würdest du sonst keine Mädels kennenlernen! 😉

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  3. Gabriele Thul

    O Gott ! Du wirst in deiner alten Heimat doch noch gebraucht! U a . von deiner alten auntie… Der Grat zwischen Genuss und Gefahr is manchmal dammed small .. Gut gemacht und Glück gehabt.. LGG und J🙋🏽🙆🏽

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